Dekonstruktion der Vorstellung ein getrenntes Wesen zu sein – Update

Das, was JETZT da ist, was sich ausdrückt, das Licht, die Dunkelheit, der Unfall, der Puls, der Gedanke, das Zwangsdenken, das Beherrschen-des-Denkens, das Laufen, das Anhalten, das über den Zebrastreifen gehen – und alle anderen Bewegungen, die im reinen Bewusstsein erscheinen, sind alles nur Bewusstsein/Stille in Bewegung. Es gibt schlicht und einfach nichts anderes.

Wenn ich nicht da bin, wenn Denken nicht da ist, dann gibt es keinen Sinn von irgend etwas – nur Eindrücke im Bewusstsein, nur Bewegung in der Stille. Wenn das alles weg ist, ist da nur noch Bewusstsein, ist da nur noch Stille. Die Einbildung eines Sinnes, beziehungsweise einer Identität, die dem, was erscheint, einen Sinn ergibt – genau die ist die letzte Bastion, das letzte Hindernis.

Ist das nicht eigenartig, wie man rotiert und tut, nur um die eigene Wichtigkeit hochzuhalten – obwohl schon längst erkannt wurde, dass hier nur Bewusstsein/Stille ist? Das Persönliche, die Identität hält sich an sich selbst fest und wenn man das Ganze als Ganzes realisiert, entpuppt sich das als reine Idee. Da ist nur der Fluss von Bewegung, der erscheint. Solange da die Vorstellung ist, dass der Fluss „in mir“ erscheint, bleibt da auch das Gefühl, dass er in mir erscheint. Fällt aber „mir“ weg, verschwinde „ich“ – dann bleibt nur noch Wahrnehmung aber kein Wahrnehmender mehr. Alles, was mit dem vormals Wahrnehmenden (ich) zu tun hat, also alle Gedanken, Gefühle und Emotionen tauchen dann nur noch als Prozess oder Bewegung im Bewusstsein auf.

Irgendwie war ich ziemlich zäh daran gehangen. Darum auch die Sache mit Anadi. Offenbar wollte das Ego nicht sterben und die innere Arbeit nach Anadi bot sich an, als „willkommene Auszeit„. Denn solange man an sich arbeitet – egal, ob das an der Psyche oder am Bewusstsein ist – es wird immer „jemand“ postuliert, der das tut. Damit zementiert man aber den abgetrennten Macher, egal, ob man den nun „Ego“ oder „Seele“ nennt.

Wenn man das einmal weglässt und einen Schritt zurück tritt, kann beobachtet werden, dass alles einfach prozesshaft erscheint und zwar nicht „in mir“ – sondern „ich„, „mir“ und „in mir“ erscheinen genauso, wie alle anderen Bewegungen. „Ich“ und „mir“ bilden eine zusätzliche Schicht zwischen dem Bewusstsein/Stille und den Erscheinungen.
ALLES = gesamter Datenstrom = …Planet, Objekt … [ich1+persönliche Welt], [ich2+persönliche Welt] …

Entfernt man den gedachten Rahmen [], fallen „ich„, „mir„, das persönliche Bewusstsein und seine Subjektivität als Objekte in die Ebene der Erscheinungen zurück. Dann sieht man, dass sie genauso erscheinen, wie alles andere. Mit anderen Worten, das Gefühl „ich zu sein, der Bewegungen wahrnimmt„, das bin ich gar nicht. ICH BIN das unpersönliche, universelle Bewusstsein (Gewahrsein), in dem das alles als Fluss von Objekten erscheint. Der Mensch und sein persönliches ich-bin-Gefühl sind Objekte im universellen Bewusstsein, inklusive aller Wahrnehmungen, die er macht.

All das ist nicht getrennt, sondern lediglich mit einem künstlichen Rahmen [] versehen, den man „ich“ und „mir“ nennt. Tatsächlich gibt es nur den Urgrund des Bewusstseins an sich und in diesem Urgrund erscheint ein Fluss von Bewegungen und vergeht wieder. Die Blasen, die ich gesehen habe, sind demnach die Rahmen um die „persönlichen“ Wahrnehmungen (Seele). Solange nicht erkannt wird, dass auch dieser Rahmen nur eine willkürliche Unterteilung im Gesamtfluss ist, kann man nicht zum Gesamtbild vorstoßen, das ein einziger, gesamthafter Fluss von Bewegungen in der Stille ist.

Der erreichte Grad an Verständnis ergibt sich daher daraus, wie nah man mit seinem Fühlen an diesem Gesamtfluss ist. Projiziert man einen Rahmen um die persönlichen Wahrnehmungen, dann fühlt man sich als Seele oder Einzelbewusstsein und das ist dann die wahrgenommene Realität. Wird der Rahmen fallen gelassen und geschieht ein Schauen ins nackte Bewusstsein, dann ist da nur der Gesamtfluss aber kein trennender Rahmen und damit auch keinerlei Identität als „Einzelwesen“ mehr.

Das bedeutet, dass ich mich seit 57 Jahren selbst verarscht habe – die mir momentan nicht bekannten, „vorherigen Lebensläufe“ kommen da noch oben drauf! Und interessanterweise hat das nichts mit „mir“ zu tun, denn ein getrenntes „mir“ gibt es gar nicht. Das, was sich da „selbst verarscht“ hat, ist das unpersönliche universelle Bewusstsein, das sich selbst als „mein„, „ich“ und „mir“ verkörpert hat.

Was mir noch fehlte, war die Bereitschaft, die Idee loszulassen, dass es mich gibt. Tatsächlich schaue nicht „ich“ durch „meine“ Augen, sondern der unpersönliche und ungeteilte Urgrund. Jetzt bleibt nur noch, zu schauen, was noch passieren wird…

Das, was Anadi macht, ist, wenn ich es richtig sehe, eine „langsame Dekonstruktion des Gefühles ‚ich‘ zu sein“. Dieses Gefühl wird durch die Hingabe nach hinten und unten zunehmend schwächer und balanciert sich aus mit dem Gefühl abwesend zu sein. Letztlich muss es sich aber ganz auflösen, spätestens mit dem physischen Tod des Körpers. Somit gibt es zwei Wege:

  1. Man erkennt freiwillig oder unfreiwillig, dass es nur ein einziges Ganzes gibt und kein getrenntes „ich“ und lässt das alles JETZT los.
  2. Man kann oder will das nicht, dann muss man „an sich arbeiten“ und es langsam und unmerklich loslassen.

Aber am Ende muss man diese Vorstellung auf jeden Fall loslassen – also warum dann nicht gleich? Es macht ohnehin keinen Unterschied, denn der Datenstrom ist, wie er ist und die Aufrechterhaltung einer willkürlich abgetrennten Daten-Untermenge ändert am Ganzen nur zwei Striche: Das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein des Rahmens um diese Daten-Untermenge.

Mit anderen Worten: Ich bin die Trennung.

Nachtrag 1: „Wenn das Bewusstsein den Zustand des Stillwerdens und Erkennens völlig durchläuft, kann es zu einem ewigen Verweilen als Geist erwachen und das Sahaj-Samadhi ist erreicht. Das letzte Erkennen bedeutet die Transzendenz des Erfahrenden selbst, den Tod des Beobachterprinzips. Damit wird die letzte Grenze aufgelöst, die Dualität von Subjekt und Objekt aufgehoben, Gott und Selbst, Brahman und Atman sind eins.“ [Quelle]

Bis heute konnte ich mit dieser Aussage nur theoretisch etwas anfangen. Das Verrückte ist, dass es die ganze Zeit da war, ich konnte es sogar fühlen aber durch die Versuche, das Bewusstsein zu formen, wurde es überdeckt. Es hat sich eigentlich gar nichts geändert – es ging nur um einen winzigen Schritt zurück und damit werden jetzt „ich„, „mir“ und „in mir“ als Objekte gesehen, wie alle anderen auch.

Die Auslöser für das Loslassen waren die Texte auf der Webseite von ruwenda und das teilweise Lesen des Buches „Wer den Wind reitet„, das seit Jahren unbeachtet im Bücherschrank lag. Heute Morgen ergänzte ich noch den Beitrag von gestern und dabei verdichtete sich das immer mehr und fand seinen Höhepunkt darin, diesen Text hier zu schreiben. Bei mir läuft das alles über das Schreiben ab: Etwas kommt hoch und formt sich durch das Schreiben zu mitteilbaren Strukturen.

Alles, was trennt, sind willkürliche Benennungen des gesamten Datenstromes oder seiner Fragmente. Der Datenstrom ist der Datenstrom, er ist, wie er ist und er kann nicht anders sein, als er jeweils ist – dazu gehören auch die Begrenzungen. Das Benennen von Dingen entspricht einem willkürlichen Bilden von Daten-Untermengen. Wenn man sich das jetzt als ununterbrochenen Vorgang vorstellt, dann sieht man, was das zwanghafte Denken tut.

Die Umkehrung davon ist das Loslassen dieser Etikettierungen und Zuordnungen, so dass das Wahrgenommene einfach das Wahrgenommene ist, ohne Benennungen und nicht: Eiche, Haselstrauch, Dachs, Fuchs, Hund… Wenn man dann noch erkennt, dass auch das beobachtende Zentrum nur eine willkürliche Positionierung, bzw. Fokussierung im Bewusstsein ist, dann fällt das eingebildete Zentrum auch noch auseinander – und übrig bleibt bloß noch ein Gewahren – oder ein endloser, sich selbst wahrnehmender Datenstrom – oder sich selbst erlebende offene Weite.

Nachtrag 2: Es sollte klar sein, dass das niemand leisten kann. Alle Erkenntnisse, die mir zuteil wurden, sind buchstäblich von selbst erschienen. Der Darstellungsprozess hat sich einfach plötzlich so geändert, dass etwas aufgeschienen ist, was vorher nicht da war. Das kann niemand machen, denn auch dieser Jemand ist nur ein Teil des Darstellungsprozesses, der sich aus sich selbst, in sich selbst darstellt. Etwas spielt hier mit sich selbst blinde Kuh und dieser Prozess wird „Mensch“ genannt. Ab und zu sagt das sich Versteckende „hier“ und das kommt beim Suchenden als Erkenntnis an. Tatsächlich sind aber der sich Versteckende und der Suchende ein und dasselbe.

Das haut völlig den Boden aus jedweder spirituellen Suche heraus – wenn klar wird, dass die Suche sich selbst sucht – und dass der, welcher scheinbar sucht, nur eine bestimmte Fokussierung im Bewussstsein ist. Ein winziges Stück weiter und da ist gar keiner. Jetzt stehe ich im Prinzip genau dort, wo ich schon 11/2014 war – nur hat sich jetzt die innere Panik vor dem Nicht-ich-Sein gelegt. Daher war das kein Vollkreis, sondern eine Spiralwindung.

Nachtrag 3: Bumm: Zitat: „Das Bewusstsein, das sich selbst reflektiert und sich selbst als Gegenstand von Betrachtung erfährt, erlebt sich durch diesen Prozess als Selbst-Bewusstsein. Da aber auch das sich selbst beobachtende Bewusstsein keine anderen Qualitäten aufweist als das sich nicht selbst beobachtende Bewusstsein, ist das Selbst oder auch das Ego nicht das Selbst-Bewusstsein an sich, sondern es entsteht lediglich bei dem Akt des Beobachtens des Bewusstseins, das sich selbst beobachtet, eine Reflektion, die auf sich selbst zurückgeworfen wird, ein eher unbestimmtes Gefühl.

Eine Reflektion, die sich im Spiegel der Bewusstheit selber reflektiert. Gewissermaßen ein Abfallspaltprodukt, dessen Reststrahlung eine Hintergrundstrahlung verursacht. Ein Hintergrundrauschen, das sich selber beim Rauschen hört. Allein der Vorgang dieser Reflektion erzeugt das Gefühl der unabhängigen Selbstexistenz und wird dann durch reflektorisches Denken unterstützt. Was für ein gewaltiger Selbstbetrug.

Dieser „innere“ reflektorische Vorgang ist schon alles, worauf der Mensch seine gesamte sogenannte eigenständige Existenz begründet. Es entsteht der Glaube ein Leben zu haben, statt ein Ausdruck des Lebens zu sein. Dieser Glaubenssatz wird fast nie hinterfragt. Dieser Glaube, genannt auch Ego oder Selbst, ist alles, was trennt. Eine winzige Reflektion auf den Wellen des Ozeans der Unendlichkeit.“ Zitatende [Quelle]

Wäre ich der Einzige, dem das so geht, müsste ich meinen Namen sofort ändern in: Volltrottel!