Trennfaktor Denken – Update

Auszüge aus dem Buch: Wer den Wind reitet von Douglas Lockhart

S. 229: Um das ganz zu verstehen, muss man sich irgendwann einmal klar machen, dass das ungeheuer weite Territorium des [universellen] Bewusstseins nicht persönlich ist, also nicht zu irgendeinem Individuum gehört. Bewusstsein ist nicht im Menschen enthalten, sondern der Mensch ist im Bewusstsein als Form enthalten. Bewusstsein ist die Matrix [Gebärmutter] des Seins, Sein ist die Matrix der Form, Form ist die Matrix der Wahrnehmung und Wahrnehmung ist die Matrix der Identität. Um mit seiner Individualität und ihrem Traum der Über-Individualität ins Reine zu kommen, muss der Mensch sich zuerst seiner Wahrnehmung annehmen und das kann er wirkungsvoll nur dann, wenn er die Leere der Form durch einen Akt des Sehens im Augenblick erkennt. Erst dann erfährt er sein Sein als die letzte Grenze der Form und kann von der Fülle des Bewusstseins an sich aufgenommen werden.

S.230: Dann sind Bewusstsein und Augenblick ein und dasselbe und das An-sich ist ein Akt des Sehens ohne Absicht. Jetzt hast Du es, nickte Sabazius, Der Augenblick wird als bedeutungs-voll erlebt, denn er ist die Bedeutung des Seins, die die selbsterrichteten Bewusstseins-Schranken durchbricht. Wer lediglich des Augenblicks bewusst ist, der ist in Wirklichkeit unbewusst, er lebt im Wachtraum. Wer aber im Augenblick bewusst ist, der ist Bewusstsein an sich. Was ein Mensch sein Bewusstsein nennt, ist tatsächlich unbewusst, nur ein selbstinszenierter Traum – und was er sein Unbewusstsein nennt, ist tatsächlich voll bewusst, denn es ist das An-sich, das die wahre Natur der Form kommentarlos betrachtet.

Das [persönliche] Bewusstsein besteht aus Ebenen oder Schichten des Denkens, die durch ständiges Erinnerungs-Wiedererkennen [zwanghaftes Denken] in Bewegung gehalten werden, während das [unpersönliche] Unbewusste aus Wissen besteht, einem Wissen, aus dem Gedanken aufsteigen, die mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wenn ein Mensch also zulassen kann, was er ist, dann wird das Denken durch ein direktes Wissen verdrängt. Ein Erkenntnisakt findet statt, ein Akt des Willens und der Mensch beginnt die Natur seiner Natur fühlend zu erfahren. An dieser Stelle beginnt auch sein Traumbild von sich selbst aufzubrechen.

S. 235: Sabazius wartete ab, bis ich meine Gedanken zu Ende gedacht hatte, und rundete dann seine Argumentation ab. Was den Menschen vom Menschen trennt, ist das Denken, sagte er plötzlich. Er ist so sehr damit beschäftigt, über seine Gedanken nachzudenken, und sich mit ihnen zu identifizieren, dass er nie dazu kommt, in das Bewusstsein an sich einzudringen. Er vermag nichts anderes, als seine eigenen Gedanken und die Gedanken anderer zu verstehen – die Dimension des Begreifens fehlt.

Gelingt es ihm aber doch, für einen Sekundenbruchteil in das Bewusstsein an sich einzudringen und das immer wieder zu tun, dann entdeckt er allmählich, dass er einen ganz neuen Zugang zu seinen Gedanken und den Gedanken anderer finden kann. Er findet Gedanken sogar als Bilder in sich selbst wieder. Anfangs, immer noch schlaftrunken vom Wachtraum, erkennt er nicht, was da geschieht und schenkt den Bildern keine Beachtung aber dann beginnen die Augenblicke wirklicher Bewusstheit zu wachsen und er wächst mit, wächst in sich selbst hinein und sieht immer deutlicher, was Wissen als Erfahrung ist. Deshalb muss er lernen zuzuhören, denn ohne Zuhören findet niemand einen Zugang zur Kunst des Sprechens.

Wirkliches Zuhören ist aber nur einem leeren Bewusstsein möglich, einem Bewusstsein, in dem alle Gedanken über die Dinge verstummt sind und der Weg dorthin ist lang. Wer ihn gehen will, muss sich klarmachen, dass das Alltagsbewusstsein aus Gedanken über Dinge besteht, während das Bewusstsein an sich Erkennen als Akt ist. Bewusstsein an sich ist erst dann möglich, wenn das Alltagsbewusstsein verstummt und das ist in dem Augenblick der Fall, wo die Gedanken aufhören.

S. 236: Jedes Einzelbewusstsein existiert im vieldimensionalen, rahmenlosen Rahmen des Bewusstsins an sich. [=universelles Bewusstsein] Wenn nun ein Mensch sein Einzelbewusstsein zum Schweigen gebracht und sich selbst als Bewusstsein an sich erfahren hat, gewinnt er Zugang zu den Gedanken anderer. Gewöhnliche Menschen, die den Unterschied zwischen dem Bewusstsein an sich und dem Einzelbewusstsein nicht sehen, suchen automatisch nach einem Übertragungsmedium, nach einer mentalen Energieverbindung zwischen Einzelbewusstsein und Einzelbewusstsein aber es gibt keine. Trotzdem suchen sie in ihrer Ratlosigkeit immer weiter nach Sendern und Empfängern, weil sie einfach nicht sehen können, dass Bewusstsein an sich und Einzelbewusstsein nicht das selbe sind.

Sie würden es nicht einmal sehen, wenn sie den Unterschied schwarz auf weiß besäßen, denn so etwas kann man zwar durch Nur-Wahrnehmung begreifen aber nicht durch anhaftende Wahrnehmung verstehen. Das Einzelbewusstsein ist ein Kreislauf von Ereignissen. Es dreht sich stets um sich selbst, fällt stets auf sich selbst zurück, kommt stets in sich selbst zum Stillstand. Das Prinzip dieser unentrinnbaren Spiegelung des Einzelbewusstseins  in sich selbst heißt Logik. [logisches, lineares Denken]

Douglas Lockhart, Wer den Wind reitet – Das empfehlenswerte Buch gibt es gebraucht ab 2 €


Im Kapitel 6, Schachtelmacher – die Meditation des Tuns, wird beschrieben, wie der Verstand zum Schweigen gebracht wird. Ich habe das vor vielen Jahren ausprobiert und erkannt, dass das nur temporär funktioniert. Um es dauerhaft zu machen, benötigt man einen externen Arschtritt. Das hindert einen aber nicht daran, es zu probieren. Viel später habe ich es erreicht, den Verstand temporär vollkommen still zu bekommen, indem ich jahrelang auf den inneren Ton hörte. Seit der externe Arschtritt erfolgte, bin ich dauerhaft und unwiderruflich dort – ich kann nicht mehr zurück. Es ist aber möglich, sich freiwillig mit dem Verstandesinhalt zu identifizieren. Wenn man geübt ist, kann man von dort aus den Verstand genauso benutzen, wie einen Text-Editor.

Faktisch geht es darum, dass jemand, der seinen Verstand nicht beherrscht, von diesem beherrscht wird – und damit ist dessen Bewusstsein identisch mit diesem Verstand. Er mag nachdenken, solange er will – er wird immer nur lineare Gedanken produzieren können – aber niemals darüber hinausgehen können, weil er im Verstand eingesperrt ist.

Es soll auch Fälle geben, in denen ein höheres Bewusstsein erreicht wurde, der Verstand aber immer noch chaotisch ist – aber es ist keine Identifikation mehr damit vorhanden. Das bedeutet, jemand ist vollkommen bewusst, hat Zugang zum universellen Bewusstsein und der Verstand schreit im Hintergrund aber es juckt niemanden. Kuriose Vorstellung – das habe ich irgendwo gelesen, kann aber nichts genaues dazu sagen. Für mich ist das ein Widerspruch in sich – entweder bin ich außerhalb des Verstandes, dann stehe ich darüber und kann ihn beherrschen – oder ich bin darin eingesperrt, dann werde ich beherrscht. Aber das muss ich so stehen lassen, weil ich es nicht besser weiß – es gibt vieles im universellen Bewusstsein, warum nicht auch das.