Gegenwart

Leben ist nur in der Gegenwart möglich. Alles, was im Kopf stattfindet und nichts mit dem aktuellen Moment zu tun hat, kann getrost als überflüssig betrachtet werden. Eine Ausnahme sind etwaige Planungen bezüglich einer künftigen Unternehmung – von der aber auch nicht sicher gesagt werden kann, dass sie tatsächlich stattfinden wird.

Alle Sorgen, alle negativen Vorstellungen bezüglich einer unbekannten und potentiell gefährlichen „Zukunft„, sind nichts anderes, als ein sich selbst zugefügtes Leiden. Sie nehmen die potentielle Zukunft voraus und ziehen das potentielle Unglück und Leiden in den aktuellen Moment hinein – der ohne diese Gedanken und daraus hervorgehenden Ängste glücklich wäre. Niemand weiß, was morgen geschieht und wer an seinen Vorstellungen leidet, der sollte das bemerken und umgehend abstellen.

Wer nicht im Moment lebt, der lebt gar nicht, sondern vegetiert nur dahin. Mit dem „Moment“ meine ich aber nicht die „Achtsamkeits-Praxis“ diverser östlicher Religionen, denn die ist in meinen Augen auf die falsche Dimension gerichtet: nach außen. Das können Affen, Tiger und Antilopen sehr viel besser, als der Mensch – mit Ausnahme von Naturvölkern.

Die Dimension, für die der Mensch geschaffen ist, das ist die Innere und nicht so sehr die Äußere. Und sowohl derjenige, der im Außen Achtsamkeit übt, als auch derjenige, der in seinen Angstzuständen oder im Gedankenchaos schwelgt, geht sich selbst verloren. Der Mensch ist auch der Körper und der ist wichtig, um nötige Erfahrungen zu machen und zu lernen. Aber der Körper ist nur ein sekundäres Merkmal, das für die physische Existenzform unbedingt benötigt wird. Ich kann mir aber auch andere Lebensformen vorstellen, die keinen physischen Körper haben, sondern zB einen energetischen Körper.

Das, auf was es aber in jedem Fall ankommt, ist das Bewusstsein, das jegliche Erfahrung erlebt und ohne das es diese Erfahrung nicht gäbe, weil jede Erfahrung in ihm stattfindet. Dass wir ein „Außen“ wahrnehmen ist nur unserem Glauben geschuldet, dass es ein Außen gibt. Tatsächlich wissen wir praktisch gar nichts über die faktische Realität unserer physischen Schein-Existenz, denn auch die Sinne sind Bestandteil der scheinbaren Äußerlichkeit und liefern uns genau die Daten, die wir sehen sollen – weil ansonsten keine physische Erfahrung möglich wäre. Was wir als Umwelteindrücke sehen, sind von der Gesellschaft programmierte und akzeptierte Interpretationen der von den Sinnen gelieferten Daten. Was da tatsächlich ist, wissen wir nicht – und die meisten wissen auch nicht, dass sie das nicht wissen.

Es gibt ein inneres Universum in jedem von uns und dieses ist die Ursache des scheinbar äußeren Universums, das nichts anderes ist, als eine Spiegelung des inneren Universums. Alles, was scheinbar im Außen zu finden ist, hat seine Ursache in uns selbst – in unserem Bewusstsein. Ich weiß, dass das für die meisten zu abstrakt und abgehoben ist – aber es ist die faktische Wahrheit, die aber erst dann erfahren wird, wenn man sich selbst als Bewusstsein erkennt.

Ansonsten ist der Glaube an die reale Existenz der physischen Umwelt dermaßen übermächtig, dass jeder Gedanke an eine andere Art von Existenz geradezu absurd anmutet. Dabei ist die Krönung jeder Absurdität, dass das unendliche Bewusstsein, das sämtliche Universen ununterbrochen dynamisch erschafft und wieder zerstört, sich mit dem lächerlichen Schein-Körper verwechselt, den es im Spiegel sieht. Der König aller Könige, der Erhabenste aller Erhabenen verwechselt sich mit dem erbärmlichen Bettler, der vor ihm auf dem Boden kriecht. DAS ist wahre Absurdität!

Aber offenbar muss das sein, um gewisse Erfahrungen zu machen… Wer würde ansonsten Angst vor dem „eigenen Tod“ haben, wenn er wüsste, dass Bewusstsein nicht sterben kann – Sterben findet in ihm statt aber niemals mit ihm. Wer würde Sorgen haben, dass das Geld nicht reicht oder dass jemand einbrechen könnte – wenn er wüsste, dass das alles nur eine Illusion ist? Wer würde eine Beziehung eingehen und Kinder zeugen und erziehen, wenn klar ist, dass das absurd ist, denn weder wird etwas geboren, noch stirbt etwas. Das alles ist nur Licht und Bewegung im Bewusstsein.

Da sind Bilder einer Frau, mit dickem Bauch im Krankenhaus. Dann sind da Bilder der Geburt eines Kindes. Man sieht, wie das Kind schreit, trinkt, isst, wächst, ausscheidet, wie es lernt zu laufen und zu sprechen. Dann sind da Bilder eines Jugendlichen, jungen Mannes, Ehemannes, Kindsvaters, Großvaters, Greises und schließlich einer Leiche. Alles nur (Film-) Bilder eines fiktiven Lebens, das ausschließlich im Bewusstsein stattfindet. Das Bewusstsein ist der Regisseur, Produzent, Kinosaal, Projektor und Betrachter dieses Films – und wahrscheinlich sogar mehrerer Filme gleichzeitig in unterschiedlichen Zeitebenen und Dimensionen.

Irgendwann habe ich einmal einen Satz gelesen: „In der Liebe ist alles möglich.

Ich würde es so sagen: „Im Bewusstsein ist ALLES möglich – und NICHTS unmöglich.

Und weil das so ist, muss man mit seiner ganzen Kraft die physische Schein-Existenz leben, denn genau dazu werden die Bilder produziert. Man muss diese Existenz in jedem Moment genauso leben, wie sie jeweils ist und in dem Wissen, dass wir in Wirklichkeit Bewusstsein sind, geistiges Leben mit einer Potenz, von der der Mensch absolut keine Ahnung hat. Man schaue nur in das Universum hinaus und denke darüber nach, was für eine ungeheuerliche Kapazität es benötigt, um so etwas geistig zu erzeugen, zu entwickeln und ununterbrochen dynamisch zu projizieren und zurück zu ziehen. Und es gibt nicht nur ein Universum, sondern unzählige!

Nur als Anregung und zum Vergleich: Die größten und schnellsten  Computer dieser Welt, sind nicht einmal dazu in der Lage, das Wetter dieses Planeten mehr als einen Tag voraus vorherzusagen. Das liegt natürlich nicht nur an den Computern, sondern hauptsächlich am Menschen, der schlichtweg zu wenig geistige Kapazität hat, um dieses ungeheuer dynamische Geschehen geistig zu erfassen und daher viel zu primitive Modelle verwendet.

Und hier geht es „nur“ um einen Planeten, eines kleinen Sonnensystems, einer mittleren Galaxis, eines Universums – von unzähligen. Gegen die ungeheuerliche Kapazität des Erfinders, Erschaffers und Erhalters aller Universen und allen Lebens ist der Mensch ein buchstäbliches Nichts.

Aber das, was der Mensch wirklich ist, das Wesen unserer Existenz – ist diese ungeheurliche Macht. Vielleicht macht dieses Beispiel die Relation zwischen Mensch und Quelle etwas transparenter. Trotz dieses Unterschiedes ist jedes Leben unendlich kostbar, denn es wird gebraucht, um  wichtige Erfahrungen zu machen, auf dem Weg zur Vervollkommnung jedes einzelnen individuellen und subjektiven Bewusstseins.

Die Quelle hat unser Bewusstsein, das wir sind, nicht geschaffen, um in ihr rückstandslos aufzugehen, sondern um immer weiter in unsere Subjektivität und Individualität hinein zu wachsen. Alles andere wäre einfach nur dumm und Energieverschwendung – und man kann alles von der Quelle, dem Erzeuger allen Lebens sagen – aber nicht, dass sie dumm und unfähig ist!