Zwei grundsätzliche Arten von Erkenntnis

Es gibt offenbar so viele verschiedene Ausprägungen von Erkenntnis, wie es Menschen gibt. Aber soweit ich weiß, gibt es mindestens zwei grundsätzliche Arten von Erkenntnis, zumindest habe ich diese beiden Arten erlebt:

  1. Die unpersönliche, in der das Nichts der Leere erkannt und das Ego-Ich als Konstrukt entlarvt wird.
  2. Die persönliche, bei der die Individualität und Subjektivität des eigenen Bewusstseins als ICH erkannt und das Ego-Ich als Konstrukt entlarvt wird.

Die meisten Menschen, denen so etwas widerfährt, erleben offenbar nur die unpersönliche Art – aber beide Erkenntnisse müssen gemacht werden, ansonsten bleibt die Erkenntnis in der Leere stecken. Bei mir war das kurioserweise umgekehrt: Ich erlebte am 08.11.2014 die persönliche Art, indem ich mit dem individuellen Anteil des Absoluten, der Nicht-Leere verschmolzen wurde. Einige Tage später verschmolz ich mit der Leere, dem Nichts. Danach gab es noch zwei Erkenntnisse – beim Einen war ICH als Bewusstsein, so schwer, wie ein Berg – beim anderen umfasste ICH das gesamte Universum. Seitdem kommt es in Abständen immer wieder zu neuen Erkenntnissen.

Der stille Hintergrund dominierte aber bereits nach dem ersten Erlebnis mein Leben, obwohl ich das erst einige Tage später wirklich bewusst bemerkte. Ganz unabhängig von anderen Menschen oder irgendwelchen Lehren, entstand bei mir die Gedankenstille als Nebenprodukt. Heute weiß ich auch, warum sie da ist: Der ausschlaggebende Faktor ist der bewusste Hintergrund, der als ICH erkannt wird und als permanenter Anker fungiert, so dass ICH nicht verlorengehen kann.

Vorher war dieses ICH im Hintergrund und nicht bewusst zugreifbar und daher war das Unterbewusstsein in der Lage, seinen impulsiven, affekthaften Gedankenmüll in das Bewusstsein zu heben und als Mittelpunkt desselben zu platzieren, so dass dieses quasi als eine Art ICH-Ersatz fungierte. Das ist heute nicht mehr möglich, da der stabile ICH-Anker vorhanden ist – und zwar ohne eine einzige bewusste Aktion. Im Grunde genommen wird der Verstand von MIR (ICH) nicht beherrscht – er ist heute von Natur aus still, wurde also an seinen richtigen Platz als Werkzeug gerückt. Ich weiß nicht, wie es geschah, nur, was das Ergebnis dieses unbekannten „Wie“ ist.

Anadis Texte haben mir dabei geholfen, mich in mir selbst zu orientieren und zu sortieren – aber ich war schon vorher gedankenfrei. Das ist auch keine Täuschung, wie ein bestimmter Mensch schon öfter hat anklingen lassen, denn es ist ja völlig unverkennbar, ob andauernde Stille da ist oder andauerndes Plärren. Man kann einen plärrenden Verstand auch nicht unterdrücken – dann plärrt er noch lauter und schriller. Derselbe Effekt tritt auch auf, wenn man versucht, ihn zu beobachten. Mittlerweile sieht es für mich so aus, als ob der plärrende Verstand quasi die Stellvertreter-Rolle des, beim normalen Menschen, unbewussten ICH einnimmt, damit das Bewusstsein einen stabilen Mittelpunkt hat. Möglicherweise kann es nicht ohne so einen Anker existieren.

Ich beobachte und steuere seit November 2014: wann ich denke, was ich denke und wie ich denke – denn ICH bin es, der denkt oder nicht denkt und nicht das Unterbewusstsein. Nachdem aber Anadi immer wieder Audios veröffentlicht, in denen er seine Schüler darauf hinweist, wie man den Verstand still bekommt, scheint das keine leichte Sache zu sein. Es kommt mir nur so vor, weil das bei mir seit Jahren absolut normal ist. Auch habe ich niemanden im Netz gefunden, der wirklich frei von diesem quälenden Schreihals ist.

Der stille Verstand ist der Normalzustand des Verstandes – das nehme ich eindeutig wahr. Es ist normal, dass ein Werkzeug ruht und nur bei Benutzung in Aktion kommt. Beim „normalen“ Menschen hat sich das Werkzeug aber zum dominanten Beherrscher aufgeschwungen. Das ist aber ein vollkommen verdrehter Zustand, denn der Verstand ist ja an sich nichts anderes, als eine Funktion des Bewusstseins und nicht das Bewusstsein selbst. „Der Verstand“ ist Intelligenz in linearer Aktion in der RaumZeit, die zielgerichtete Gedanken produziert, die beim Begreifen eines Sachverhaltes helfen sollen. Die Intelligenz kann sich aber auch in nicht-linearer Form ausdrücken und transportiert damit non-verbales, direktes „Wissen um“ (intuitives Wissen).

Jedoch ist das, was bei einem normalen Menschen geschieht, einen chaotischen Haufen Gedankensplitter in sinnloser Folge „anklingen“ zu lassen, so dass man hier keinesfalls von Intelligenz sprechen kann. Das ist kein geordnetes und tiefes Denken, sondern schlicht und einfach Lärm. Jeder wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass das ein krankhafter und krank machender Lärm ist und dass es gut und sinnvoll wäre, wenn dieser Missbrauch des Verstandes-Werkzeuges aufhören würde. Aber ohne, dass ein Mensch vom Inneren über die Schwelle des lärmenden Verstandes katapultiert wird, ist das nicht möglich. Ich kenne keinen anderen Weg dort hin.