Die Suche nach der Einheit

Nachdem ich den letzten Beitrag heute Morgen geschrieben hatte, arbeitete es in mir ziemlich. Während dessen wurde mir sehr klar, was während meines ganzen Lebens abgelaufen ist, ohne, dass ich das bewusst mitbekommen hatte: Ich suchte unbewusst nach der Einheit. Das beginnt bereits in der frühesten Kindheit und setzt sich fort, bis zum Tod – außer man findet vorher das Gesuchte.

Alles, was ich tat, war immer nur, die Einheit zu suchen und weil ich sie nicht fand, nahm ich mit Ersatzbefriedigungen vorlieb. Diese Ersatzbefriedigungen waren immer nur solange ein Ersatz, bis sie langweilig und schal wurden. Dann de-identifizierte ich mich davon – ließ sie sterben – und suchte mir den nächsten Ersatz.

Ich wusste, dass das geschah – aber nicht, warum es geschah – das ist möglicherweise bei allen Menschen gleich. Man sucht sich einen Ersatz, wie zum Beispiel „Aufklärung“ und betreibt das solange, bis man entweder erkennt, dass das unmöglich funktionieren kann oder bis es einfach langweilig wird.

Solche Tätigkeiten gab es viele: Freundschaften, Schule, Ausbildung, Beruf, Gruppen, Frauen, Sex, Kampfsport, Wildwasser-Paddeln, Studium, Aufklärung, spirituelle Suche. Das ist nur eine willkürliche Auswahl – tatsächlich ist es beinahe alles, was man so tut – abgesehen von den Pflichten, die man zwangsweise zu erledigen hat, wie zum Beispiel Steuern zu zahlen.

Dabei kann man die Einheit nicht finden, denn man ist IMMER Bestandteil der Einheit – darum heißt sie ja auch so. Es gibt nur eine Reihe von willkürlichen Grenzen, die es verunmöglichen, dass diese fundamentale und ewige Einheit erkannt wird. Und die Suche nach Ersatzbefriedigungen ist die unbewusste Suche, die irgendwann in eine bewusste Suche einmündet und hoffentlich irgendwann die bereits vorhandene Einheit aufdeckt.

Dabei sind alle Ersatz-Befriedigungen aufsteigend. Keiner, der erfolgreich Tischtennis gespielt hat, wird zurück zum Murmelspielen gehen, sondern zum Beispiel zum Tennis oder Golf. Keiner, der mehr oder weniger erfolgreich Aufklärer war, wird wieder zum Status des Systemschafs zurückkehren – weil er darum weiß.

Was hier passiert, ist, dass man sich langsam von den untersten, gröbsten Ebenen in immer feinere Ebenen vorarbeitet und letztlich bei der Aufdeckung der bereits vorhandenen Einheit landet. Die Triebmittel sind ein unbewusster Such-Impuls nach der Einheit, Schalheit und Schmerz.

Offensichtlich ist es aber so, dass die absolute Mehrheit >99% beim falschen Selbstbild hängenbleibt und es nicht übersteigen/transzendieren kann. Stattdessen wird immer weiter nach den besten Freunden, der heißesten Frau, dem geilsten Sex, dem tollsten Auto oder Motorrad, dem besten Fußballclub oder dem interessantesten Sport gesucht – ohne zu merken, was man da eigentlich tut.

Der erste Schritt besteht darin, dass man merkt, dass einen all das niemals zur dauerhaften Zufriedenheit bringt – sondern nur zu einer temporären. Dann müsste man merken, dass die Gruppenzugehörigkeiten einen nur einsperren und zum Sklaven degradieren und aus allen Gruppen weitgehend aussteigen – damit würde man zu einem Individuum werden. Und dann müsste man erkennen, dass Welt und Körper nicht die absolute Realität darstellen, sondern nur eine relative – das wäre dann der Beginn der Selbsterkenntnis.

Aber die meisten scheitern schon daran, zu erkennen, dass alle ihre Betätigungen nur Ersatz-Befriedigungen sind. Solange das so bleibt, kommt niemand über das Ich hinaus. Wobei es keinesfalls um den Tod des Ichs geht, sondern nur um dessen Entmachtung als alleinige Identität und Ausdrucksform und die Integration des geläuterten Ich in das Gesamt-Selbst.

Das Ich muss überschritten/transzendiert werden. Bei jeder Erkenntnis fällt das Ich ein wenig mehr aus seiner Allmachtsposition und spätestens bei oder kurz vor der dauerhaften Erkenntnis der Einheit, fällt das Selbst (inklusive Ich) dauerhaft in die Einheit und erscheint nicht mehr als getrennt davon. Damit sind alle Grenzen aufgelöst.

Ich durfte bisher schon einige kurze Einblicke erleben – aber noch nicht die vollständige und dauerhafte Aufdeckung der Einheit.