Wer ist der Handelnde?

Ich werde jetzt einmal in allen Einzelheiten aufdröseln, wer oder was der Handelnde im Leben eines Menschen ist.

Es gibt eine Theorie, die aus dem Advaita kommt, welche besagt, dass die Lebenskraft der nondualen Quelle aus sich selbst heraus handelt und es niemanden gibt, der dabei eingreifen kann. Das lassen wir jetzt einmal so stehen und schauen uns an, wie das bei einem normalen, innerlich unbewussten Menschen aussieht und bei einem innerlich Bewussten.

Die Lebenskraft belebt den Körper, der im Bewusstsein erscheint. Wie erscheint der Körper und mit welchen Eigenschaften? Er erscheint gemäß der biologischen (physischen) Programmierung, welche in der Wissenschaft DNA/DNS genannt wird. Wie erscheinen die psychischen Eigenschaften? Sie erscheinen gemäß der psychischen Programmierung, die ab der Zeugung eines Menschen beginnt, denn der Fötus ist in der Lage Stimmungen der Mutter und Umgebungseindrücke zu empfangen. Nach der Geburt steigert sich diese „Programmiertätigkeit“ zum Crescendo – sie wird „Erziehung“ genannt und verformt das ursprüngliche heile Wesen bis zur Unkenntlichkeit.

Weiterhin gibt es im innerlich unbewussten Menschen einen ununterbrochenen, zwanghaften Gedankenfluss, den kein Mensch im unbewussten Zustand beherrschen kann – vielmehr wird der unbewusste Mensch von diesem beherrscht. Das Gefühl der Körper zu sein, der Gedankenfluss und sämtliche Vorstellungen und Ideale konstituieren das egoische Selbstbild, für das sich jeder innerlich unbewusste Mensch hält.

Was ist all das, was in den letzten beiden Absätzen beschrieben wurde – also die physische und psychische Programmierung? Es sind Filter, durch welche die Lebenskraft fließt, die Blaupause, welche die Lebenskraft dazu bringt, das entsprechende objekthafte Gegenstück im Bewusstsein erscheinen zu lassen.

Die Lebenskraft ist eine unpersönliche und universelle Kraft, die Leben schafft, also bewegliche oder unbewegliche Eindrücke im Bewusstsein – indem sie durch die voreingestellten Filter der entsprechenden Seele fließt und das „physische Wesen“ gemäß dieser Filtereinstellungen als Eindruck im Bewusstsein erschafft.

Die Lebenskraft hat keinen eigenen Willen, sie folgt immer den inneren Filter-Parametern der Seele, durch die sie hindurch fließt. Die Lebenskraft erschafft und belebt einen Schmetterling und handelt durch ihn, gemäß der Programmierung und Filtereinstellungen, die diesem Schmetterling zugrundeliegen. Sie wirkt genauso durch die zugrundeliegenden Filtereinstellungen eines Wales, eines Elefanten, eines Pferdes, eines Menschen, eines Hundes, einer Katze, einer Ratte, einer Maus, eines Bakterium – und durch die Filter von Pflanzen und scheinbar leblosen Objekten, wie Steine und Erde.

Der Mensch ist das einzige Wesen auf diesem Planeten, der dazu in der Lage ist, sich seines eigenen Bewusstseins bewusst zu werden. Ein Mensch, der das schafft, hat es ab diesem Moment in der Hand, seine Programmierungen zu ändern. Er kann bewusst beschließen, nicht mehr als Mitglied der Masse zu existieren. Er kann bewusst beschließen, sich zu beobachten. Er kann bewusst beschließen, präsent zu sein. Er kann bewusst beschließen, seine Bewusstseins-Zentren zu aktivieren, zu verkörpern und hinzugeben. Er kann die Gesellschaft kritisieren und wenn er merkt, dass das Käse ist, kann er bewusst beschließen, das zu lassen. Unbewusste Menschen können das nicht, denn sie müssen ihren gesellschaftlichen Programmierungen folgen.

Warum kann ein innerlich bewusster Mensch das tun und noch viel mehr? Weil er mit dem Bewusstsein eins geworden ist, also mit dem Vehikel, durch das und in dem die Lebenskraft das Erscheinungs-Wesen und die Erscheinungs-Welt erschafft. Das Bewusstsein ist eine Eigenschaft der Seele, welche die ursprüngliche Blaupause des aktuell erscheinenden Wesens erzeugt hat. Wer bewusst ist, kann sich zum Beispiel bewusst motivieren, an sich glauben, kann Mentaltraining durchführen, sich seiner Angst stellen und sie überwinden und vieles mehr – und er kann Selbst-Erkenntnis betreiben.

Das, was Advaita und Buddhismus behaupten, dass da kein Selbst ist (No-Self) und niemand, der handelt, ist nur solange wahr, wie nicht erkannt wird, dass der Mensch in Wirklichkeit individualisiertes Bewusstsein ist (niedriges Selbst), das eine Eigenschaft der Seele ist (höheres Selbst), die wiederum eine Kopie der „göttlichen Essenz“ darstellt.

Da niemand der „göttlichen Essenz“ Intelligenz und Handlungsfähigkeit absprechen kann – kann er das auch nicht einer bewussten Kopie (Seele=kleiner See, Tropfen) des „Ozeans der göttlichen Essenz“ absprechen. Warum? Weil immer das Gesetz gilt: wie oben, so unten, wie innen, so außen. Eine Kopie hat per se die gleichen Eigenschaften wie das Original aber aufgrund des „Größenunterschiedes“ (Ein Tropfen des Ozeans) nicht die gleiche Kapazität – und die Kopie ist auch nicht identisch mit dem Original, sondern nur identisch mit dessen Substanz.

Die „göttliche Substanz“ erschafft sämtliche virtuellen Erscheinungs-Welten und unzählige individualisierte Kopien ihrer selbst, die zu Beginn jedoch ihrer selbst unbewusst sind. Sie erschafft all das in ihrem Geist als Gedanken-Konstrukte. Solange diese Kopien nichts von ihrer „göttlichen Abstammung“ wissen und dass sie im Prinzip die gleichen Möglichkeiten in ihrem Lebens-Film haben, wie das Original es in Bezug auf alle Lebens-Filme hat, ist niemand anwesend, der bewusst handeln und beschließen kann.

Das ändert sich in dem Moment, wenn das Bewusst-Sein dauerhaft als ICH SELBST erkannt wird und noch mehr, wenn die Seele als ICH SELBST erkannt wird. Wer sich ununterbrochen des Bewusstseins bewusst ist, der ist bewusst anwesend und damit auch bewusst handlungsfähig.

Das Ganze ist sehr einfach zu verstehen, wenn man sich klar macht, dass jedes Bewusstsein/Seele ein Individuum ist, „ein individualisierter Tropfen göttlicher Substanz„. Wir als Bewusstsein/Seele sind nicht nur dazu aufgerufen, uns selbst zu entdecken, in Besitz zu nehmen und in uns selbst und im Absoluten zu wachsen – sondern auch, unser eigenes Leben in Besitz zu nehmen: „uns unsere eigene Erscheinungs-Welt untertan zu machen„.

Mit „unsere eigene Welt“ sind alle Filtereinstellungen gemeint, die wir selbst (nicht das Ego, sondern Bewusstsein/Seele) ändern können: Gedanken, Emotionen, Charakter, Vorstellungen, Einstellungen, Ideale, Wünsche, Hoffnungen, Zuneigungen, Abneigungen etc. Wenn einer oder mehrere dieser Filter geändert werden, ergibt sich daraus zwingend, dass auch die Handlungen und Unterlassungen dieses Wesens sich ändern müssen. Warum? Wenn ich eine Lampe habe, mit einem roten Filter davor, erscheint das austretende Licht rot – wechsle ich den Filter gegen einen grünen aus, tritt sofort grünes Licht aus.

Exakt genauso verhält es sich mit jedem Wesen und auch allen anderen Arten von Programmen: Ändere die Programmierung/Parametrisierung und das Verhalten des Programmes wird sich analog ändern.

Was hier beschrieben ist, zerstört jegliche Vorstellung der Nicht-Dualisten, dass alles aus sich selbst heraus geschieht, die darauf beruhen, dass es keine individuellen Wesen gibt, sondern nur die eine ungeteilte und homogene Quelle allen Seins, die immer gleich bleibt und keiner Entwicklung unterliegt.

Wäre ich die Quelle, würde ich niemals diesen ungeheuren Aufwand betreiben, wenn dabei nicht etwas Konkretes herauskommen würde! Und da die Quelle um unendliche Größenordnungen intelligenter und logischer ist, als ich – wird sie bestimmt nicht unlogisch handeln, sondern unendlich mal logischer und nutzenorientierter als ich es jemals könnte.

Was kommt für die Quelle dabei heraus? Wachstum! Mehr Leben – mehr Bewusstsein – mehr Wissen – mehr Sein. Die Quelle tut das, weil sie wachsen will – und genau das können wir sehen, wenn wir uns in unserer Umgebung umschauen – gerade jetzt im Frühling: Das Leben explodiert an allen Ecken und Enden, entwickelt sich, vermehrt sich und stirbt ab – die Rückstände werden durch anderes Leben verwertet, was wiederum zu deren Wachstum und Entwicklung beiträgt. Leben stirbt niemals – es verwandelt sich nur ununterbrochen und entwickelt sich dabei aufwärts. Exakt das Gleiche läuft in der Quelle ab: Wie oben, so unten…

Ich kann absolut nicht mehr verstehen, wie ich so blöd sein konnte, auf diesen Nicht-Dualitäts-Scheiß hereinzufallen. Die Wahrheit liegt direkt sichtbar vor unseren Füßen – wir laufen durch sie hindurch, atmen sie, essen sie und scheiden sie aus. „Die Natur“ ist ein direkter Ausdruck der Quelle! Die Quelle IST die Natur! Die Erscheinungs-Welt und der Erscheinungs-Körper in unserem Bewusstsein ist die „äußere, sichtbare Seite“ der geistigen Prozesse und Entwicklungen, die in der Quelle ablaufen.

Aus der Tatsache, dass jedes Wesen ein Individuum ist, kann man klar schließen, dass wir es sind, das Leben und die körperliche und geistige Entwicklung jedes einzelnen Individuums (alle existenten Wesen, alle Formen), welche das Wachstum der Quelle ausmachen. Die Quelle will die Vielheit individuellen Lebens in sich selbst erhöhen, als lebendigen Ausdruck ihrer Kreativität und Schaffenskraft. Sie will sich bis zu ihrem Maximum entwickeln. Genau das sollte auch jeder Mensch in seinem eigenen Leben anstreben, körperlich und geistig – denn das ist seine Aufgabe, mit der er direkt das Bestreben der Quelle nach Wachstum unterstützt. Die Quelle gab uns die Existenz – und wir geben ihr unser Wachstum.

Um auch nur andeutungsweise zu verstehen, wie leistungsfähig die Quelle ist, muss man bedenken, dass es, neben unserem, wahrscheinlich noch andere Universen gibt. Da wir diese aber nicht kennen und auch keine anderen Planeten, reicht es, sich nur die Erscheinungs-Welt anzuschauen, die in unserem Bewusstsein erscheint: den Planeten Erde. Wenn man sich die ungeheure Vielfalt des Lebens auf der Erde anschaut und bedenkt, dass all das im Geist des einzig existierenden Wesens entsteht, gehalten und entwickelt wird – aus dessen Kreativität und Schaffensfreude heraus – dann kann man erahnen, wie gigantisch der Kapazitätsunterschied ist, zwischen einem Menschen und der Quelle.

Zwischen Mensch und Quelle
liegen zwei Buchstaben: un.
Der Mensch ist endlich;
Die Quelle ist un-endlich!


Nachtrag: wer in seiner Erkenntnis-Erfahrung erlebte, dass es keinen Handelnden gibt und das auch für sein eigenes Leben annimmt, projiziert damit die Tatsache, dass die Grundlage allen Seins unpersönlich und „leer“ und daher nicht-erkennend ist, auf sein eigenes Leben. Jedoch ist Leben immer dual, daher gibt es immer ein gültiges Subjekt, sowohl in der Wahrnehmung, als auch im Handeln. Wenn dieses Subjekt aber seine eigene subjektive Bewusstseins-Natur nicht bewusst erkennt und dauerhaft wahrnimmt, dann gibt es in der Tat niemanden, der in der Lage wäre, etwas anderes zu tun, als das, was seinen Filtern gemäß in jedem Moment passieren muss.

Wenn aber genügend Bewusstheit und Erkenntnisfähigkeit vorhanden ist, dann kann dieser Mensch einen bewussten Entschluss fassen, ganz zum Bewusstsein und zur Seele zu werden und alles zu tun, was dafür nötig ist – und er kann sich ganz sicher sein, dass er von innen unterstützt wird, wenn das auch der Wunsch der Seele ist, deren Produkt er ist und deren Aufgabe es ist, sich selbst zu erkennen und zu entwickeln. Es ist in Wirklichkeit die Seele, die das Leben lebt und den Selbst-Erkenntnis-Weg geht – deren „Außenseite“ der Mensch darstellt. Somit stellt sich nicht der Mensch „dumm“ an, sondern immer die Seele, denn der Mensch ist nur das „variable Kleid“ der unsterblichen Seele.

Leiden bedeutet, dass die Seele in Form des pseudo-physischen Erscheinungs-Körpers aufgrund der Filtereinstellungen in der Erscheinungs-Welt herumirrt und sich – oder vielmehr ihrem menschlichen Ausdruck – solange selbst in den Arsch tritt, bis die Seele, in Form des Menschen, bewusst beschließt, sich selbst innerlich zu entdecken.

Es gibt immer einen Handelnden und das ist die Seele in Form des Menschen – beziehungsweise die von der Seele und dem Karma (Ursache/Wirkung) geschaffenen Filtereinstellungen, die den unlimitierten Selbstausdruck der Lebenskraft „in Form bringen“ (konditionieren). Die universelle, unlimitierte Lebenskraft kann alles erzeugen, was die Filtereinstellungen ihr vorgeben. Daher: ändere die Filter und die Lebenskraft wird keinen Menschen ins Bewusstsein projizieren, sondern eine Maus oder ein Pferd – oder einen intelligenten Menschen anstatt eines Dummkopfes.

Die universelle, unlimitierte Lebenskraft erschafft alle Eindrücke im Bewusstsein,
indem sie durch eine Filter-Matrix fließt und dadurch „in Form gebracht“ wird.

Das verhält sich wie (universeller) elektrischer Strom der durch einen Computer hindurch fließt, in dem ein Programm läuft, das ein interaktives, bewegliches Bild auf dem LED-Monitor erzeugt. So dass zum Beispiel das bewegliche Bild eines Regenbogens erzeugt werden kann, einer Wiese, eines Pferdes, eines Menschen oder jedes beliebige andere Bild. Und jedes dieser Bilder reagiert gemäß der Programm- und Parameter-Einstellungen auf Zustandsänderungen externer oder interner Informationen (Reize).

Ändere das Programm, bzw. die Parametrisierung und das Bild und dessen Aktionen/Reaktionen müssen sich verändern – aber der Strom (Lebenskraft) tut das gleiche, wie vorher: Er betreibt den Computer (Geist), auf dem das Programm (Filter) läuft, das den LED-Monitor (Bewusstsein) ansteuert.