Selbst-Erkenntnis aus Sicht des Bewusstseins

Was ist Selbst-Erkenntnis, wenn man sie aus Sicht des Bewusstseins oder der Seele betrachtet? Ein sehr langer Heimweg. Jedes individuelle Bewusstsein ist ein Tropfen, der dem Bewusstseins-See des Absoluten entnommen wurde und nun in einer energetischen Kapsel versiegelt in ihm schwimmt. Diese Trennung von seinem Ursprung verursacht Leiden in dem versiegelten Tropfen. Daher besteht das Ziel dieses Bewusstseins oder der Seele darin, wieder an seinen Ursprung zurückzukehren – aber unter Bewahrung seiner eigenen Individualität.

Jetzt fragt man sich zu Recht, warum die Seele irgendwelche „pseudo-physischen Lebewesen“ erzeugen muss, die sie als Werkzeug zur Erkenntnis benutzt, um irgendwann einen zur Selbst-Erkenntnis fähigen Menschen hervorzubringen, der willens und in der Lage ist, das geistige Wesen auf seinem Heimweg zu unterstützen? Warum macht sie das nicht direkt selbst?

Warum benutzt ein Bär einen Baum oder den Erdboden, um sich am Rücken zu kratzen? Weil er da anders nicht hinkommt. Das ist natürlich etwas weit hergeholt, schließlich ist das Bewusstsein oder die Seele ein geistig-energetisches Lebewesen und kann alle Stellen seiner selbst jederzeit erreichen. Aber vielleicht liegt es in der Natur der Sache, dass das so einfach nicht geschehen darf, damit die Seele lernen und sich entwickeln kann. Schließlich ist sie das Abbild des „Bewusstsein-Schöpfers“ und muss alles lernen, was der große Urheber auch kann und weiß – sie muss lernen „zu schöpfen„.

Ich weiß nicht, was die wirkliche Ursache ist – aber ich weiß, dass der eigentliche Macher nicht der Mensch ist, sondern die Seele selbst. Sie erzeugt die Strukturen, lenkt sie und lernt daraus. Und sie lässt den Menschen auch ein, wenn er an die Tür klopft. Sie tut alles selbst – aber immer über den „Umweg“ eines projizierten Werkzeuges, mit dem „sie sich am Rücken kratzt„. Sie tritt den Heimweg an, wenn sie es schafft, einen Menschen zu erzeugen, der willig ist, ihr in dieser Sache zu dienen. Und damit dieser Mensch das tut, benutzt sie das indirekte Druckmittel „Leid“ – mit dem sie den Menschen überschüttet, solange, bis der schließlich aufwacht und merkt, dass da etwas nicht stimmt und zu suchen beginnt.

Aus Sicht eines Menschen, der aus leidvoller Erfahrung weiß, dass er nicht anders kann, als das zu tun, was von ihm verlangt wird, ist mir bewusst, dass nicht „mein Wille“ hier geschieht, sondern der Wille der Seele. Es sieht so aus, als ob „ich“ meditiere, mich an mich selbst erinnere, die Zentren verkörpere und mich hingebe. Aber tatsächlich wird da nur ein Werkzeug so projiziert, dass es so aussieht, als ob das Werkzeug das alles tut – tatsächlich erscheinen einfach nur die entsprechenden Bilder im Bewusstsein, die einen glauben lassen, dass das so sei. Das Ganze ist so etwas wie ein virtuelles Rollen-Spiel – und die Seele lernt darin, was sie tun und lassen muss, um sich selbst heim zu bringen. Das Endstadium dieses Rollen-Spieles nennt man heutzutage Selbst-Erkenntnis und Selbst-Verwirklichung.

Wenn man es so betrachtet, dann macht das alles plötzlich Sinn. Warum sind so viele Menschen unbewusst und hängen am Kollektiv, anstatt die Individualisten zu werden, die sie eigentlich sind? Weil die zugrunde liegenden Seelen noch nicht so weit sind, den Heimweg anzutreten. Sie müssen noch lernen, müssen noch Erfahrungen als „Mensch in der Erscheinungs-Welt“ machen – und erst dann, wenn das abgeschlossen ist, regt sich in ihnen der Wunsch, nach Hause zu gehen.

Auf gut fränkisch: Sie haben irgendwann den Hals so gestrichen voll, von dieser Illusions-Scheiße hier, dass sie umkehren, dahin, wo sie hergekommen sind.

Diese Sichtweise macht auch dann Sinn, wenn man die vielen verschiedenen Selbst-Realisierungen betrachtet, über die Informationen vorliegen. Alle vor Anadi hatten mehr oder weniger eine unpersönliche Realisierung. Der einzige Grund dafür kann eigentlich nur sein, dass das entsprechende Wissen noch nicht verfügbar war.

Wenn man sich zum Beispiel U.G.Krishnamurti anschaut, dann erkennt man sehr schnell, dass er in einer total unpersönlichen Schicht war. Er erlebte sich als „das Leben“ und als ein „Menschen-Tier“ – von Individualität keine Spur. Auch hatte er keinerlei Zugang und Einblick zu höheren Ebenen – er negierte daher sowohl Seele als auch das übergeordnete Bewusstsein. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie es sein kann, dass dieser Mensch eindeutig tiefe Erfahrungen gemacht hat, die sich aber enorm von denen unterscheiden, die ich selbst gemacht habe.

Ich kann hier zwei Ursachen sehen, was nicht heißt, dass es nicht noch mehr gibt oder dass meine Sicht richtig ist: Seine Seele (er selbst) hat ihn entstehen lassen, um das zu erleben, was er repräsentierte – oder sie hat es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht besser gewusst oder gekonnt. Es gibt offensichtlich auch in der Selbst-Erkenntnis keine allgemein gültigen Modelle – jeder Fall ist einzigartig und wenn man sich selbst mit anderen vergleicht, dann kann man eigentlich nur in Verwirrung landen.

Soweit ich es momentan überblicken kann, ist die einzige Sichtweise, die hier Sinn macht und alle Leiden und Probleme der Welt mit einem Schlag erklärbar macht, die, dass wir pseudo-physischen-Lebewesen Hilfs-Mittel der jeweiligen Seele sind, die zu Lernzwecken benötigt werden.

Es ist völlig eindeutig, dass zur Zeit enorme Sprünge in meinem Verständnis meiner selbst stattfinden, was sich natürlich auch im Schreiben zeigt.