Muss das Ich wirklich sterben?

Das Ich muss sterben, denn es ist die Ursache aller Übel…

Das ist eine Aussage des Advaita und anderer Richtungen, welche die Existenz eines höheren ICH leugnen. Das, was diese Leute als „Ich“ oder „Ego“ bezeichnen, ist lediglich ein psychologischer Konstrukt, der gar nicht sterben kann. Es ist eine Schnittstelle zwischen einem psychischen Wesen und anderen psychischen Wesen, ohne das es keinen Austausch und keine Existenz in dieser Scheinwelt geben kann. Alle psychischen Wesen bilden ein soziales Netzwerk und jedes Ego-Ich bildet einen Knoten darin, was es ermöglicht, dass es mit allen anderen Netzwerk-Knoten kommunizieren kann.

Man zeige mir nur einen einzigen Menschen, ohne ein Ego-Ich – und ich nehme das hier sofort zurück! Tatsächlich ist es so, dass bei jeglichem Kontakt mit anderen Wesen in der Außenwelt, das Ego-Ich sofort wieder da ist – weil es als Kommunikations-Schnittstelle benötigt wird! Es gibt keine Menschen ohne Ego-Ich – allenfalls gibt es Menschen, die behaupten kein Ego-Ich zu besitzen. Dann frage ich mich, wie die es schaffen, das mit-zu-teilen…

Das alles ist bloßes Wortgeklingel: „Das Ich muss sterben.“ „Ich bemühe mich, dass das Ich stirbt.“ Aber am nächsten Tag ist es immer noch da und auch am übernächsten. Irgendwann bin ich 60 Jahre alt und das verdammte Ding will sich immer noch selbst umbringen. Auch fünf Minuten vor meinem Tod ist es noch da – und grinst mir frech ins Bewusstsein. Wer ist das denn, der sagt: „Das Ich muss sterben?“ Das Ich natürlich, wer sonst?! Das ist eine wunderbare Ablenkung, um sich nur ja nicht mit den eigentlich wichtigen Dingen beschäftigen zu müssen!

Die eigentlich wichtigen Dinge sind nicht, dass das Ego-Ich versucht, sich selbst umzubringen, sondern dass man das Ego-Ich davon abhält so einen Mist zu verzapfen, indem man zum Einen den Verstand kontrolliert und zum Anderen seine Identität von der Person (Ego-Ich) auf das Bewusstsein (die Seele) verschiebt – und die Zentren des Bewusstseins erkennt, besetzt, entwickelt und mit dem Urgrund verschmilzt. Mit der Zeit wird das Ego-Ich dann in das Gesamt-Wesen integriert und ist dann nur noch ein reines Werkzeug des Selbst-Ausdruckes der Seele – dann ist es am richtigen Platz.

Aber man kann sich auch mit allerlei Beschäftigungen davon ablenken, das zu tun, kann tanzen, sich mit dem Selbstmord von irgendwelchen Leuten beschäftigen, die Gesellschaft kritisieren und natürlich die Mitmenschen, die immer wieder die gleichen Figuren wählen… Aber das alles ist nur eines: eine riesengroße Selbst-Verarschung! Solange sich einer hauptsächlich damit beschäftigt und nicht mit seinem eigenen Bewusstsein, hat er mit Selbst-Erkenntnis nichts zu tun. Daran ändert auch eine Erleuchtungs-Erfahrung nichts, wenn sie nicht dazu genutzt wird, wirklich nach innen zu gehen.

Solche Beschäftigungen sind Nahrung für das Ego-Ich! Das erkennt man daran, dass es sich immer um äußere Bezüge handelt, nicht um innere. Und dann noch zu behaupten, dass das Ego sterben muss, weil es sich nur um äußere Dinge kümmert und seine krakenartigen Fangarme nach allen Seiten ausstreckt, ist der Gipfel der Absurdität! Hier kritisiert das Ego-Ich sich selbst, um immer wieder das gleiche Spielchen spielen zu können!

Das Ego-Ich ist ein toter Konstrukt und es weiß, dass es nicht sterben kann. Daher hat es keine Angst vor dem Sterben, sondern vor der Entlarvung seiner Machtlosigkeit und der Rückführung auf seinen tatsächlichen Zweck als Schnittstelle. Nur das Bewusstsein lebt – alles andere ist virtueller Inhalt im Bewusstsein – auch das Ego-Ich.

Wer wirklich Selbst-Erkenntnis betreiben will, der würde das auch tun und sich nicht mehr um unwichtige und ihn nicht betreffende Inhalte des „Lebens-Traumes“ kümmern. Die Reue, das nicht getan zu haben, obwohl man alle notwendigen Eigenschaften dazu hat, kommt spätestens auf dem Totenbett… Wie viele Tage hast Du noch zu leben?

Dieser Text von Anadi räumt mit solchem Unsinn gründlich auf: The Original Will of Me and the Root of Fear