Der Beginn von Leben

Ich habe gerade ein wenig im Buch „Begegnungen mit dem Nagual“ von Armando Torres gelesen. Dabei ist mir folgende Passage auf Seite 52  aufgefallen:

[…] Leben entsteht, wenn ein Teil der freien Energie der Unendlichkeit – welche die alten Seher die „Emanationen des Adlers“ nannten – von einer äußeren Kraft eingeschlossen wird und so ein neues individuelles Wesen entsteht, das sich seiner selbst bewusst ist. Außerdem sahen sie, dass die Wahrnehmung der Welt dann einsetzt, wenn der „Montagepunkt“ ins Spiel kommt. […]

Ich weiß mit hundertprozentiger Gewissheit, weil ich es gesehen habe, dass jeder von uns eine Art energetische Blase darstellt, die von einer energetischen Barriere nach außen hin abgeschirmt wird. Diese Blasen bestehen aus der Ursubstanz der Quelle, und ihre Konstruktion entspricht jener der Quelle selbst. Allerdings sind die Zentren, die notwendig sind, um dieser Blase echtes, bewusstes Leben einzuhauchen, normalerweise nicht aktiv. Das muss der Mensch selbst tun – natürlich mit innerer Hilfe.

Castaneda beschreibt diese Blasen recht genau und er benutzt auch den Begriff „Individualität„, der in sämtlichen alten Texten aus Indien und Asien meistens sehr negativ besetzt ist. Hier waren die mexikanischen Seher sehr viel weiter. Ich gehe davon aus, dass die Menschen, die diese Texte verfassten, ihre innere Individualität nicht erkannten und daher diesen Begriff mit dem Ego-Ich und dem Körper in Verbindung brachten.

Körper und Ego sollten in ihren Augen überwunden werden – da sie angeblich ein Hindernisgrund für die Erkenntnis der Unendlichkeit darstellen. Das kann, mit ein wenig Logik, recht einfach als falsch entlarvt werden. Richtig ist, dass Ego und Körper einfach nur als das gesehen werden müssen, was sie sind: notwendige Anteile zur Existenz in der Erscheinungs-Welt.

Es gibt in der Schöpfung nichts falsches oder auszumerzendes! Wer so etwas glaubt, der hat ein gewaltiges Problem, denn weder Ego, noch Körper lassen sich entfernen, solange das physische Erscheinungsleben andauert. Wer daher behauptet, dass er kein Ego hat, zeigt damit, dass er mit seinem Ego identifiziert ist. Das Ego ist ein Hilfs-Konstrukt, der es uns ermöglicht, mit anderen Egos zu kommunizieren – es ist eine Schnittstelle zwischen „innen“ und „außen“ – mehr nicht. Das einzige, was notwendig ist, das ist, den Körper und die Welt als Erscheinung zu sehen und das Ego als Schnittstelle. That’s it.

Was alle Autoren, die Ego und Individualität vernichten wollen, nicht bemerkten, ist, dass sie selbst als individuelle Anteile der Quelle inmitten der Unendlichkeit leben! Die Erscheinungs-Welt ist ein virtueller Ausdruck der Unendlichkeit und die wahre, innere Individualität jedes Wesens (individuelle Identität des eigenen Bewusstseins) ist ebenfalls ein Ausdruck derselben Unendlichkeit und nur in ihr existierend! „Durch ihn und mit ihm und in ihm…

Es gibt überhaupt nichts anderes, als die Unendlichkeit – weder im scheinbaren „Innen„, noch im scheinbaren „Außen„! Sämtliche individuellen Wesen sind nichts anderes, als aus Quellsubstanz bestehende und durch eine Barriere getrennte Anteile der Quelle – sie bilden individualisierte, strukturelle Anteile der Quelle.

Wenn man „Gott“ sucht, muss man nur die Augen aufmachen – dann sieht man „ihn„. Wobei „Gott“ nicht im herkömmlichen Kontext zu verstehen ist, als „alter Mann mit weißem Bart„, sondern als die universelle Quelle aller Existenz, für die es kein Bild geben kann, weil sie die Ursache aller Bilder und sonstiger Emanationen ist. Bilder sind nur für spirituelle Kleinkinder gedacht.

Noch einmal: Leben entsteht, wenn die Quelle einen Teil ihrer Kernsubstanz (Bewusstsein) kapselt und darin ihre eigene Struktur rudimentär nachbildet. Auf die innere Leinwand (unbewusstes Bewusstsein) dieses individuellen, geistigen Kernwesens, wird dann eine Erscheinungs-Welt und ein Erscheinungs-Körper projiziert, mit dem sich die rudimentäre geistige Struktur alsbald identifiziert.

Es identifiziert sich mit dem Inhalt der Leinwand, weil es kein bewusstes Bewusstsein besitzt, sondern nur ein unbewusstes Bewusstsein. Jedes Wesen ist von Beginn an ein Mitglied des Kollektives, eine „kollektive Unbewusstheit“ und seine Aufgabe ist, sich zu einer „individuellen Bewusstheit“ zu entwickeln. Dass die Wesen individuell verschieden sind, weiß jeder – dass aber auch das Bewusstsein individuell ist, erschließt sich nur demjenigen, der diese subjektive Individualität des eigenen Bewusstseins entdeckt – in den Ich-Zentren und der inneren, dynamischen Aufmerksamkeit.

Der Kern jedes Lebewesen ist ein blasenartiger Mikrokosmos, ein individuelles Abbild der Quelle, des einzig existierenden Makrokosmos, der alles in sich einschließt.

Wer behauptet, dass er ein nicht-individuelles Bewusstsein ist oder gar die Quelle selbst – der hat zuviel von den alten Texten gelesen und hält sich daran fest. Das ist aber kein Wein – alt bedeutet hier nicht besser – sondern total veraltet und falsch!

Loslassen und selbst erforschen!