Der Grund für innere Unfreiheit

Eine Person aus meiner engeren Familie hat mit erheblichen Depressionen zu tun. Früher versuchte ich oft, dieser Person zu erklären, was der tatsächliche Grund dafür ist und wie man damit umgeht – aber seit einiger Zeit weiß ich, dass das nicht funktioniert. Heute habe ich mir ein Video angesehen, das ebenfalls von innerer Unfreiheit handelt – und die beiden Dinge zusammen haben mich dazu gebracht, darüber zu schreiben, was der Grund für innere Unfreiheit und Depression ist und wie man das Problem behebt.

Was ist innere Unfreiheit? Was ist Depression? Innere Unfreiheit besteht darin, dass man nicht selbst den Verstand beherrscht, sondern das Unterbewusstsein – und dass man das impulsive, emotionale und mentale Chaos, das den Inhalt des Verstandes bildet, als die Realität betrachtet. Depression ist das starke Leiden an dem als Realität interpretierten Chaos des Verstandesinhaltes – das in der Depression grundsätzlich als Endlosschleife mit dem immer gleichen Inhalt ausgeprägt ist.

Dies ist natürlich sehr vereinfacht dargestellt, trifft aber den Sachverhalt trotzdem relativ genau. Innere Unfreiheit hat immer damit zu tun, dass man an etwas anhaftet und sich nicht davon lösen kann. Das kann ein Wunsch sein, eine Vorstellung, eine Selbstverurteilung oder irgend ein anderer zwanghafter Gedanke.

Was ist der Grund für äußere Unfreiheit? Dafür gibt es keinen Grund, denn es gibt keine äußere Unfreiheit – weil es kein Außen gibt. Es gibt auch kein Innen, sondern nur den (geistigen) Raum des Seins, der weder außen noch innen ist, da er keinen externen Bezugspunkt besitzt.

Unfreiheit hat immer etwas mit festhalten zu tun – festhalten am Status Quo, an Vorstellungen, Wünschen, Ideen und dem persönlichen Ich (Ego).

Das Gegenteil von Unfreiheit ist Freiheit – die Freiheit, loszulassen und sich dem eigenen Sein hinzugeben. Eine andere Freiheit gibt es nicht. Es gibt keine gesellschaftliche Freiheit, keine wirtschaftliche Freiheit, keine gesundheitliche Freiheit, keine physische oder psychische Freiheit. All das hat mit den Lebensbedingungen in dieser (virtuellen) Welt zu tun und davon kann man niemals frei sein – außer man will nicht überleben.

Die Freiheit, von der hier die Rede ist, ist eine geistige Freiheit, die Losgelöstheit von allen Unfreiheiten, die dann erreicht wird, wenn die menschliche Persönlichkeit sich bedingungslos dem Sein hingibt und in das Gesamtwesen integriert wird.

Die einzige Chance, das impulsive, emotionale und mentale geistige Chaos im Verstand zu überwinden, besteht darin, eine feste Position außerhalb des Verstandes aufzubauen, von der aus der Verstand beherrscht werden kann. Man kann sich das vorstellen, wie einen Schwimmer, der von einer starken Strömung erfasst und mitgerissen wird. Da er keinen Halt hat, kann er nicht ruhig verweilen. Findet er einen Halt, dann kann er mitten in der Strömung fest stehen oder sich ans Ufer retten und wird nicht mehr von den Wassermassen mitgerissen.

Es ist unmöglich, den Verstand durch Beobachtung zu beruhigen oder zu beherrschen (Münchhauseneffekt). Die einzige Möglichkeit, die bei mir funktioniert hat, war die Konzentration auf den inneren Ton. Das war aber keine dauerhafte Lösung, denn mit Aufgabe der Konzentration, kehrten die Gedanken zurück. Erst nach einer Art „Initiation“, Anfang November 2014, die ich im Aufwachen erlebte, war eine dauerhafte Präsenz jenseits des Verstandes erreicht. Ab diesem Moment musste ich mich nicht mehr konzentrieren – es reichte, die eigene Präsenz bewusst zu erleben.

Heute weiß ich, dass während der „Initiation“ das bewusste Ich und die anderen Zentren aktiviert wurden, was ich damals noch nicht wusste – was sich aber in der mühelosen Beherrschung des Verstandes ganz klar zeigte. Es reicht vollkommen aus, das bewusste Ich zu verkörpern, damit zu verschmelzen, es von innen heraus zu sein und sich hinzugeben, um den Verstand vollkommen zu beherrschen. Das liegt daran, dass der Verstand und das ihn beherrschende Unterbewusstsein grundsätzlich die gleiche Energie benötigt, wie das bewusste Ich – und wenn diese Energie komplett in das bewusste Ich fließt, bleibt für das Unterbewusstsein nichts mehr übrig.

Wenn man Menschen erlebt, die depressiv an ihrem Verstand leiden und es nicht schaffen, diese feste Position zu erreichen, wird man versucht sein, es ihnen zu erklären. Das habe ich viele Male probiert und bin immer gescheitert. Heute weiß ich mit hundertprozentiger Sicherheit, dass ein Mensch niemals aus eigener Kraft die Öffnung schaffen kann, die es ermöglicht, eine feste Position jenseits des Verstandes einzunehmen – das wäre, wie sich selbst am eigenen Schopf aus dem Wasser zu ziehen (Münchhauseneffekt). Es muss ihm geschehen – wann und wie – das ist wahrscheinlich für jeden Menschen anders.

Mit anderen Worten: erst muss sich die Türe (von selbst) öffnen, dann kann man eintreten, muss den Stuhl (das bewusste Ich) erkennen, sich darauf setzen und dauerhaft sitzen bleiben. Wer nicht eintritt, den Stuhl nicht erkennt oder sich nicht darauf setzt, der erreicht keine feste Position, sondern nur so etwas wie ein „frei schwebendes Gewahrsein, ohne feste Bezugspunkte„. Aber auch das scheint Schicksal zu sein, denn man kann auch einen solchen Menschen nicht dazu bringen, den Stuhl zu erkennen und sich darauf zu setzen. Es war hart, das zu akzeptieren – aber das ist nun einmal die Realität und die gewinnt immer. Das war ein Teil meiner inneren Unfreiheit!

Jeder muss das Leben leben, das er lebt und niemand ist in der Lage, das zu ändern. Das gilt für sämtliche Aspekte dieses (virtuellen) Lebens – inklusive Unbewusstheit, Unfreiheit, Depression – und Selbsterkenntnis.