Behauptung: „Es gibt kein Selbst“

In diesem Video wird gesagt, dass es nur das Ego-Ich gäbe und kein davon unabhängiges Selbst. Jeder, der es schaffe, in sich hinein zu sehen, würde das genau so feststellen können: Da wäre nichts, nur eine leere Schwärze.

Nunja, bis vor etwa einem halben Jahr war ich auf genau der gleichen Schiene. Mittlerweile habe ich aber in der bislang „leeren Schwärze“ mich selbst entdeckt. Damit meine ich natürlich nicht das psychosomatische Ich, also das Ego, kombiniert mit der rein äußerlich orientierten Aufmerksamkeit.

Die reine, leere Schwärze ist nicht leer! Das kann nur jemand behaupten, der nicht richtig hingeschaut hat! Was ist denn mit demjenigen, der da sein muss, um hinschauen zu können? Wie passt denn dessen Präsenz und Aufmerksamkeit zu dem Bild der vollkommen leere Schwärze? Wo in dieser Schwärze ist er denn, der Beobachter, der Erkennende?

Er kann natürlich nicht gefunden werden, wenn man mit dem visuellen Sinn danach sucht, da derjenige, der sucht, der Gesuchte ist. Es kann tatsächlich kein sichtbares Objekt gefunden werden – aber ein Subjekt – nämlich der subjektive Sucher! Was ist dieses Subjekt? Es ist eine Kombination aus einem universellen/individuellen Ich-Kern, Aufmerksamkeit, Intelligenz und Bewusstsein. Alle Komponenten sind energetisch und daher nicht optisch oder taktil zu erfassen. Das Subjekt kann nur auf eine einzige Art erfasst werden: indem man die Subjektivität des Subjektes selbst fühlt.

Mit anderen Worten: Das Ich muss sich selbst als „ich“ fühlen, als „ich selbst“. Wenn das richtig durchgeführt wird, dann fühlt man eine liebende Wärme und Intimität. Dabei wird auch entdeckt, dass die pure Aufmerksamkeit, mit der man sich selbst anschaut, in Wirklichkeit pure Liebe ist. Ich kann ganz klar fühlen, wie die Aufmerksamkeit ihre Quelle, das Ich, liebevoll umarmt und sich da hinein fallen lässt. Das Ergebnis ist pure Liebe, die sich selbst liebt. Es gibt kein tieferes Gefühl, als das!

Aussagen, wie sie in dem Video gemacht werden, könnten von praktisch jedem Advaita-Sucher, Buddhisten, Hinduisten und sonstigem Anhänger östlicher Glaubensrichtungen stammen. Denn alle diese „Lehren“ (Leeren) leugnen, dass da real jemand anwesend ist. Unisono wird behauptet, dass es so etwas wie eine „Seele“ oder „Selbst“ nicht gibt. Und warum? Weil sie alle nicht wirklich hinschauen.

Alle, die hinter den Verstand gekommen sind, sehen zu Beginn nur eine leere Schwärze – das war auch bei mir so. Da ist eine enorme Präsenz, vielleicht ist sie sogar stabil und möglicherweise ist da auch die Fähigkeit, den Verstand zu beherrschen. Aber es wird dort niemand gefunden, weil nicht realisiert wird, wer das ist, der diese Schwärze wahrnimmt. Also wird behauptet, dass da niemand ist – und das ist vollkommen falsch!

Alle diese Leute – ich gehörte auch dazu – schauen stur an sich selbst vorbei! Kann man so etwas als intelligentes Verhalten bezeichnen? Voll-Ignoranz träfe es wohl eher!

Selbstverständlich ist da jemand: nämlich DU! Und DU bist nicht nichts oder nur eine leere Präsenz oder örtlich nicht definierbarer „Zeuge“. Du bist derjenige, der real vorhanden ist, das Subjekt all dieser Wahrnehmungen, die ununterbrochen durch Dich hindurch gehen. Warum schaust Du dieses Subjekt – DICH – nicht an? Warum fragst Du Dich nicht: Was ist eigentlich mit mir? Wie passe ich in dieses Bild? Wo bin ich eigentlich lokalisiert? Wie kann ich mit mir in Kontakt kommen?

Wenn ein Blinder sagt: ich weiß nicht, wo ich bin, ich weiß nicht, wie ich aussehe und ich weiß nicht, wie meine Umgebung aussieht – dann wird jeder einsehen, dass der Blinde das eben nicht kann. Wenn aber ein Sehender so etwas sagt – dann kann es sich nur um einen Ignoranten handeln, denn er muss ja nur sorgfältig hinschauen und sich selbst anschauen! Und was ist dieses „er selbst“? Das Gefühl der Selbst-Existenz, das sich hinter den Augen befindet!

Das ist eines von fünf Ich-Zentren, genannt das Bewusste Ich (conscious me). Das hat jeder – aber bei den meisten Menschen ist dieses subjektive Gefühl unbewusst und zudem vermischen sie es mit der nach außen gerichteten Aufmerksamkeit. Das Ergebnis ist, dass sie sich fälschlicherweise mit dem Körper identifizieren, der „selbstbestimmt“ in der Welt agiert.

Das ist ein kollektiver Irrglaube, geboren aus Ignoranz, Dummheit und Unwissen. Am Leben gehalten wird dieser Irrglaube, von dem unbewussten Trieb, stets Mitglied der kollektiven Herde zu bleiben und bloß nie aus der Reihe zu tanzen. Denn weil sie sich selbst nicht kennen und mit sich selbst nicht in Kontakt sind, brauchen sie andere, mit denen sie in Kontakt stehen können. Das nennt man „Freunde“ und „Bekannte“. In Wirklichkeit sind das nur Stützen der falschen Persönlichkeit und des falschen Glaubens, wer und was man sei.

Ein echter Mensch braucht nur sich selbst und ist doch niemals alleine, denn er ist immer in sich selbst und in seiner Quelle verankert. Das bedeutet nicht, dass es keine Kontakte zu anderen Menschen geben kann – aber sie werden nicht unbedingt gebraucht.